Es ist ein Moment wie aus der Zeit gefallen: Jedes Jahr am 29. Dezember machen sich 15 in Kutten gekleidete Männer in Oberfeistritz bei Graz auf den Weg den Hügel hinab zur Dorfkirche von Puch.

Dort machen sie halt und nehmen die schweren, von Seilen gehaltenen Butten von den Rücken. Deren Inhalt: ein Apfelschnaps, den sie sechs Wochen vorher gemeinsam gebrannt haben.

Jeder Arbeitsschritt, von der Ernte der Äpfel bis zur Einlagerung des Brandes, folgt exakt festgelegten Regeln und Ritualen.

Diese verquicken lokale Gegebenheiten im größten Apfelanbaugebiet Österreichs mit viel Fachwissen über die Herstellung von Edelbränden.

Dabei ist die Abakus-Tradition keineswegs Hunderte von Jahren alt, sondern gerade mal zwanzig. 1998 kam ein findiger Marketingspezialist auf die Idee, einen wirklich exzellenten Apfelschnaps auf den Markt zu bringen, samt des ihn umwehenden Mythos.

Bei der Gründungsversammlung waren alle Landwirte der Gegend eingeladen. Der Saal platzte aus allen Nähten. Jeder wollte dabei sein.

Doch die meisten verabschiedeten sich, als sie hörten, dass ihnen der Abakus mehr abverlangen würde als das Absolvieren von ein paar Fototerminen in den eigens dafür entworfenen Kutten. Heute gibt es noch 15 Apfelmänner – so der Titel derer, die sich dem Abakus verschrieben haben. Sie befolgen Regeln und Rituale mit heiligem Ernst.